Wer sein Rasiermesser liebt, wird auch in der Lage sein wollen, es selbst umfassend pflegen und instandhalten zu können. Hierzu gehört auch das Schärfen auf dem Bankstein. Die Wate wird durch das regelmäßige Ledern allmählich ballig. Das ist bis zu einem gewissen Grad beabsichtigt. Irgendwann wird hierdurch der Winkel der Schneide aber zu steil und muss auf dem Stein wieder plangeschliffen werden. Ebenso wird das Schleifen erforderlich, wenn die Schneide durch unbeabsichtigtes Anstoßen, Sturz oder etwa Rost als Folge von unsachgemäßer Lagerung beschädigt wurde. Wir haben hierzu einen kleinen Leitfaden zu Steinen und zum Schärfen zusammengestellt.
Ein Schleifmittel oder Abrasiv ist durch zwei Parameter bestimmt. Der eine Parameter ist die Körnung, der andere die Bindung. Die Körnung sagt aus, wie grob oder fein die Struktur eines Steines ist. Je gröber die Körnung, desto mehr trägt der Stein vom Stahl ab, und desto schneller arbeitet er. Bei synthetischen Steinen wird die Körnung in der Produktion durch entsprechende Siebe bestimmt. Bei Natursteinen lässt sich die Körnung nur ungefähr angeben. Im Handel gebräuchlich ist die Angabe nach JIS (Japanese Industrial Standard). Die europäische Kennung FEPA wird fast nur in der Industrie verwendet. Die Steine, die man für Rasiermesser verwendet, sollten sehr fein sein. Darüber, welche Körnung genau bei Synthetik-Steinen für den letzten Schliff verwendet werden sollte, gehen die Meinungen auseinander. Wir verwenden und handeln für Rasiermesser nur bewährte traditionelle Natursteine, deren Körnung 4000 bis 10000 JIS entspricht. Die Bindung gibt an, wie stark das Korn, die eigentlich schleifenden harten kleinen Partikel, miteinander verbunden ist. Die Schleifpartikel werden mit der Zeit stumpf und brechen aus dem Stein aus. Der Stein hält sich auf diese Weise selbst scharf. Je weicher die Bindung ist, desto schneller arbeitet der Stein, und desto schneller verschleißt er. Für die Bindung werden in Industrie und Handel keine Kennzahlen angegeben.
ACHTUNG! Rasiermesser werden niemals auf trockenen Steinen geschliffen. Der Naturstein „Belgischer Brocken“ (frz.: Coticule) wird mit Wasser verwendet. Durch seine sehr weiche Bindung entsteht ein feiner Schleifschlamm, auf dem die Klinge gleitet. Die amerikanischen Arkansas-Steine, ebenfalls Natursteine, werden ausschließlich mit speziellem Schleiföl benutzt. Diese Steine haben eine sehr harte Bindung und verschleißen praktisch nicht. Zum Schleifen wird, ähnlich wie beim Ledern, zuerst der Rücken und dann die Schneide vorsichtig an den Stein gelegt. Im Gegensatz zum Ledern wird jedoch nicht von der Schneide weggezogen sondern gegen die Schneide geschoben. Hierzu legt man drei oder vier Finger seitlich auf den Klingenrücken und schiebt das Messer mit leichtem Druck längs über den Stein in Richtung der Schneide. Wenn die Klinge richtig aufliegt, bildet das Wasser auf dem Belgischen Brocken oder das Öl auf dem Arkansas-Stein vor der Schneide eine kleine Welle. Falls der Rücken mit einer Vergoldung, Ätzung oder Gravur geschmückt ist, sollte man diesen vorher mit dünnem Isolierband abkleben, um die Verzierung nicht mit abzuschleifen. Wenn das Rasiermesser die erwünschte Schärfe hat, ledert man danach noch auf einem mit Paste behandelten Riemen und zum Abschluss noch einmal auf
einem unbehandelten Riemen.