Rostfreie Rasiermesser genießen bei vielen Rasiermesser- Liebhabern und Nutzern zu Unrecht einen zweitklassigen Ruf. Dabei lassen sich die Unterschiede zu rostendem Kohlenstoff- oder Normalstahl durch richtige Auswahl des Stahles und optimale thermische Behandlung durch den Hersteller minimieren und sogar einige spezifische Vorteile erzielen. Nach deutscher Industrienorm (DIN) darf ein Stahl als „rostfrei“ bezeichnet werden, wenn er mindestens 10,5 % Chrom enthält. Auch ein als „rostfrei“ bezeichneter Stahl kann bei grob unsachgemäßer Nutzung rosten.
Eine unsachgemäße Nutzung in diesem Sinne wäre beispielsweise das Belassen von Fruchtsäuren nach dem Gebrauch auf der Klinge. Ein trockenes Abwischen des Messers reicht aber in den meisten Fällen aus, um die Bildung von Korrosion zu verhindern. Fachleute außerhalb des Handels sprechen daher in der Regel korrekterweise von „rostträgem“ Stahl. Diese Bezeichnung wird im Folgenden der Genauigkeit halber verwendet. Um eine rostträge Klinge zu erhalten, ist vor allem der Zusatz von Chrom zur Legierung notwendig. Chrom hat auch die Eigenschaft, das Gefüge des Stahles – und das mit einem nicht unerheblichen Faktor – gröber zu machen. Tendenziell ist das für einen Schnitt auf Druck, wie bei der Nassrasur erforderlich, eher unerwünscht. Dieser Unterschied ist unter dem Rasterelektronenmikroskop sichtbar und macht hier einen dramatischen Eindruck, ist im praktischen Gebrauch aber kaum spürbar. Dafür erhält man den nicht zu unterschätzenden Vorteil der Rostträgheit.
Eine Einschränkung ist, dass Rasiermesser mit rostträgem Stahl für Anfänger eher ungeeignet sind. Dadurch, dass der rostträge Stahl im Vergleich spröder ist, reagiert er schlechter auf Abtrag und Verformung. Auch wenn sich rostträge Klingen letztendlich auf eine ähnliche Schärfe bringen lassen, erfordert das Ledern und das Schleifen dadurch etwas mehr Übung. Ihr volles Potential erreichen rostträge Rasiermesserklingen, wenn sie mit einem ganz kleinen Versatz, also ganz leicht seitlich ziehend über die Haut geschoben werden. Dann entfaltet die minimal gröbere Schneide eine mikroskopische Sägewirkung. Diese Technik sollte aber nur von sehr erfahrenen Nutzern angewandt werden, da sie nur mit viel Übung problemlos beherrschbar ist. Als Fazit kann die Anschaffung eines rostträgen Rasiermessers für geübte Nutzer auf Reisen oder für den Gebrauch im Alltag mit seinen knappen Zeitressourcen sehr empfehlenswert sein.