Fritz Koch ist 34 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei Kindern. Er ist seit 2007 bei der Böker Messer-Manufaktur angestellt und ist Abteilungsleiter der Ausmacherei.
Der Beruf des Ausmachers bzw. Leiter der Ausmacherei ist heutzutage ja recht ungewöhnlich. Wie bist Du zu Deiner heutigen Tätigkeit gekommen?
Per Zufall! Über eine Bekannte meiner Familie bin ich auf die Ausbildungsstelle aufmerksam geworden. Trotz meines Abiturs habe ich mich dann für die Ausbildung als
Ausmacher bei Böker entschieden und kann heutzutage behaupten, dass ich in dieser Arbeit meine persönliche Berufung gefunden habe.
Was sind die Aufgaben eines Ausmachers? Was macht Dir an Deinem Job am meisten Spaß?
Die Aufgabe eines Ausmachers besteht darin, dass wir ein montiertes Messer verkaufsfertig machen. Wir schleifen, schuren und polieren die Messer und verpassen den individuellen Schliff, den jedes unserer Messer bekommt. Als Abteilungsleiter ist es wichtig, dass man auf die Produktivität der Mitarbeiter achtet und in wichtigen Situationen beratend und unterstützend zur Seite steht. Das Handwerk an sich macht mir am meisten Spaß. Die Aufgabe, die verschiedensten Materialien zu verarbeiten und ein hochwertiges Messer zu erstellen, macht mir großen Spaß. Ich genieße allerdings auch den guten Kontakt zu meinen Mitarbeitern und Kollegen. Die Arbeit als Team ist mir sehr wichtig und ich versuche diesen Teamgedanken zu pflegen und weiter zu stärken.
Ist die Arbeit als Ausmacher schwierig zu erlernen?
Definitiv. Bei uns im Unternehmen ist das
Ausmachen besonders schwierig, weil wir eine sehr breite Palette an verschiedenen Messern und Materialien haben. Die Verarbeitung erfordert ein hohes handwerkliches Geschick und viel Übung. Die hohe Erwartungshaltung an unsere eigene Qualität lässt wenig bis keinen Spielraum für Toleranzen und erschwert unsere Arbeit dazu immens.
Was wird von Außenstehenden bei Deiner Arbeit häufig unterschätzt?
Die Arbeit an sich wird von vielen unterschätzt, da die physische und psychische Beanspruchung oftmals nicht berücksichtigt wird. Wir müssen über einen sehr langen Zeitraum gebückt und hoch konzentriert arbeiten, damit wir keine Beschädigungen an den hochwertigen und sehr kostspieligen Messern fabrizieren. Vor allem die Hand-Augen Koordination ist eine Fähigkeit, die viele Außenstehende nicht berücksichtigen.
Gibt es Materialien, bei denen Du besonders vorsichtig sein muss, damit keine Schäden auftreten?
Definitiv
Damast! Alleine die Kosten des Materials und die geleistete Vorarbeit setzen voraus, dass wir uns keinerlei Fehler erlauben. Bei kleinsten Abweichungen vom Schleifwinkel kann es schon zu fatalen Schäden an den Klingen kommen, die in den seltensten Fällen behoben werden können. Für mich ist es definitiv reine Kopfsache, wenn man Messer mit Stückpreisen von bis zu 1.600 Euro bearbeitet und versucht hoch konzentriert zu arbeiten und das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Allerdings empfinde ich es auch als spannende Herausforderung, die mich jedes Mal aufs Neue reizt! Die Verarbeitung von
Horn und
Perlmutt gestaltet sich auch als äußerst anspruchsvoll, weil diese Materialien sehr leicht aufplatzen und zerbrechen. Oftmals kommt es durch Lufteinlagerungen im
Horn zu Schalenbrüchen, die teilweise nicht mehr zu beheben sind. Dazu erfordert die Verarbeitung von
Titan viel Erfahrung und Aufmerksamkeit, damit keine Schäden auftreten können.
Bist Du oft selbstkritisch mit deiner Arbeit?
Ich bin sehr selbstkritisch, da ich einen hohen Anspruch an die Qualität meiner eigenen Arbeit habe. Diesen Anspruch stelle ich auch an die Mitarbeiter in meiner Abteilung, die ab und an meinen Unmut zu spüren bekommen.
Spiegelt sich Dein Perfektionismus auch in Deinem Privatleben bei anderen Gegenständen wider?
An und für sich nicht. Allerdings kann ich es mir nicht verkneifen, beim Kauf eines Messers auf jedes Detail zu achten.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag von Dir aus?
Ich beginne meine Arbeit morgens um 6 Uhr und kontrolliere an meinem Computer die offenen Aufträge und Reihenfolgelisten. Im Anschluss daran verteile ich die Aufträge an meine Mitarbeiter und überprüfe meinen Bock. Bevor ich mit der eigentlichen Schleifarbeit starten kann, tausche ich gegebenfalls Schleifbänder bzw. -Scheiben oder mische mir neues Schurzeug.
Wann sprichst Du von einem erfolgreichen Arbeitstag?
Für mich persönlich ist es ein erfolgreicher Arbeitstag, wenn die Messer, die ich bearbeitet habe, meinem eigenen Anspruch und dem der Endkontrolle entsprechen. Dazu ist es mir als Abteilungsleiter wichtig, dass auch die Arbeit meiner Mitarbeiter erfolgreich ist. Die Kombination aus beidem ist für mich ein erfolgreicher Arbeitstag.
Ist es dir wichtig, dass Du in Deinem Beruf auch körperlich gefordert bist?
Es war mir von Anfang an wichtig, dass ich bei meiner Arbeit körperlich gefordert bin. Ich bin mit der Tätigkeit am Computer als Abteilungsleiter, aber auch der Tätigkeit am Schleifbock sehr zufrieden. Mir persönlich ist es einfach sehr wichtig, dass ich in der Produktion arbeite und nicht stundenlang am Computer sitze.
Ist es für Dich körperlich anstrengend, wenn Du mehrere Stunden gebückt sitzt?
Es ist nicht zu bestreiten, dass es eine anstrengende Tätigkeit ist, über mehrere Stunden täglich gebückt zu sitzen. Die richtige Sitzposition macht allerdings einiges her und erleichtert die Arbeit ungemein. Es ist Übung und Disziplin erforderlich, um in der richtigen Position über eine längere Zeit zu arbeiten.
Gibt es neben Deinem Beruf Hobbies oder andere Dinge, denen Du in Deiner Freizeit nachgehst?
In meiner Freizeit verbringe ich hauptsächlich viel Zeit mit meiner Familie. Ich genieße es, wenn ich nach Hause komme und Zeit mit meinen Kindern und meiner Frau verbringen kann. Eine große Leidenschaft von mir ist das Kochen, der ich täglich für meine Familie nachgehe.
Hast Du neben Deiner beruflichen Tätigkeit einen persönlichen Bezug zu Messern?
Ja! Ich habe mich schon sehr früh für die Herstellung von Waffen und Messern interessiert und habe schnell einen Bezug zu Messern erkennen können. Nicht ohne Grund habe ich mich damals sehr schnell für die Böker Manufaktur begeistern können.
Verrätst Du uns Dein Lieblingsmesser? Was gefällt Dir daran besonders gut?
Mein absolutes Lieblingsmesser ist das Böker Merlin. Dieses Messer ist durch seine Ganzstahlkonstruktion und dem sehr filigranen Design ein für mich einzigartiges Gentleman- Messer.
Wie war Dein Werdegang bei Böker?
Ich habe meine Ausbildung von 2007 bis 2009 gemacht und habe anschließend anderthalb Jahre als Geselle bei Böker gearbeitet. Im Anschluss an diese Zeit wurde ich als stellvertretender Abteilungsleiter der Ausmacherei benannt. Im Jahr 2011 hat sich mein vorheriger Abteilungsleiter selbständig gemacht und die Abteilungsleitung an mich abgetreten und parallel dazu habe ich auch noch meinen Meister absolviert. Wir beobachten, dass die Menge an asiatischen Marken und Modellen in den letzten Jahren exponentiell zugenommen hat.
Wie bewertest Du diese Entwicklung und wo siehst Du die Böker Manufaktur in 30 Jahren?
Ich habe diese Entwicklung auch mit Interesse verfolgt und bemerke den Boom von asiatischen Messern. Ich persönlich finde, dass viele Messer nur aus Kostengründen gekauft werden und nicht aus qualitativen Aspekten. Ich sehe uns auch in Zukunft als wachsendes und etabliertes Messerunternehmen, da wir mit unserer Qualität und unserem Know-How definitiv zu überzeugen wissen. Meiner Meinung nach ist es Messerliebhabern auch wichtig, dass ihre Messer handgefertigt in Solingen produziert werden.
Welchen Tipp würdest Du Bewerbern geben, die sich für den Job als Ausmacher interessieren?
Ein dickes Fell. Bei uns in der Abteilung herrscht ein rauer aber niemals bösartiger Ton, an den sich ein Neueinsteiger erst gewöhnen müsste. Es ist wichtig, dass man ein hohes handwerkliches Geschick mitbringt und dazu ein großes Durchhaltevermögen vorweisen kann. Eine strapazierfähige Frustgrenze sollte aufgrund der anfänglichen Schwierigkeiten ebenfalls vorhanden sein. Meiner Meinung nach ist die Liebe zum Produkt und der eigene Anspruch an ein hochwertiges Endergebnis das wichtigste für einen Beruf in der Produktion von Böker.