Neben der Form und dem verwendeten Klingenmaterial bestimmt der Schliff einer Klinge wesentlich die Charakteristik eines Messers. Die Wahl des Klingenanschliffes beeinflusst maßgeblich die Eignung für spezifische Verwendungen. Die verschiedenen Klingenanschliffe wurden durch die jeweils typischen agrarkulturellen, traditionellen und handwerklichen Traditionen ihrer Herkunftsregionen geprägt. Prinzipiell eignet sich jeder Schliff für jede zulässige Schneidaufgabe, also dem Trennen von weichem und hartem Material. Für spezialisierte Anwendungen oder Materialien haben einige Schliffe aber besondere Vorzüge. Es existiert eine Vielzahl von Klingenanschliffen. Die nachfolgende Auflistung erläutert die gängigsten Klingenanschliffe durch Betrachtung der Klinge im Querschnitt.
Der Flachschliff (Keilschliff) ist weit verbreitet und weist einen V-förmigen Querschnitt auf. Die Klinge verjüngt sich beidseitig in geraden Flächen zur Schneide hin. Das Verhältnis zwischen Klingenbreite und Klingenstärke bestimmt beim Flachschliff vor allem die Stabilität des Messers. In der Regel ist die Wate (Schneide) noch einmal in einem etwas steileren Winkel von den seitlichen Facetten abgesetzt, um das Nachschärfen zu erleichtern und zu beschleunigen. Der Flachschliff besitzt aufgrund der geringen Materialverdrängung des Schneidguts gute Schneideigenschaften. Er stellt einen Kompromiss zwischen dem dünneren Hohlschliff und dem stabileren balligen Anschliff dar und ist damit eine gute Allroundklinge für alle möglichen Gebrauchsmesser.
Beim Hohlschliff (Konkavschliff) verläuft die Klinge nach innen gewölbt in Richtung Schneide. Es entsteht eine schmale, extrem scharfe und im spitzen Winkel zulaufende Schneide, die aufgrund ihrer hohen Schnittfähigkeit vor allem bei dünnen Schnittgütern überzeugt. Durch die dünne Schneide muss zunächst weniger Schnittgut verdrängt werden. Bei tieferen Einschnitten neigt der Hohlschliff aufgrund des verhältnismäßig breiten Klingenrückens zum Verklemmen im Schnittgut. Der Hohlschliff lässt sich verhältnismäßig einfach nachschärfen, da die Schneide zunächst nicht deutlich dicker wird. Nachteil des Hohlschliffs ist die geringe Stabilität gegenüber dem Flachschliff oder dem balligen Anschliff, die auf die dünne Materialstärke im Schneidenverlauf zurückzuführen ist. Populär ist der Hohlschliff bei geschmiedeten Rasiermessern, kommt jedoch auch bei Taschenmessern und Jagdmessern zum Einsatz.
Balliger Schliff (konvexer Anschliff)
Der ballige Anschliff wird auch als konvexer Schliff bezeichnet und verläuft nach außen gewölbt zur Schneide. Aufgrund der hohen Stabilität kommt der ballige Schliff primär bei Outdoor- und Survivalmessern sowie Beilen und Äxten zum Einsatz, bei denen die Hack- und Hebelbeanspruchung im Vordergrund steht. Da die Schneide nicht wie bei den anderen Schliffen aus Flächen, sondern aus zwei gegenläufigen Radien besteht, muss die Klinge auf einem elastischen Trägermaterial wie einem Schleifbande oder Sandpapier mit weicher Unterlage nachgeschliffen werden.
Scandi-Schliff
Der Scandi-Schliff bezeichnet einen Flachschliff, der erst bei ca. 50 % bis 75 % der Klingenhöhe ansetzt und von der vollen Breite ohne weitere Fase in der Wate zusammenläuft. Er vereint dadurch eine extreme scharfe Schneide mit hoher Klingenstabilität. Der Scandi-Schliff eignet sich damit hervorragend für das Schnitzen von frischem und trockenem Holz, zum Stöcke federn und ähnlichen Bushcraft-Techniken. Daher findet er sich insbesondere bei Jagd- und Outdoormessern skandinavischer Bauart. Der Scandi-Schliff ist auf einem geraden Bankschleifstein leicht nachzuschärfen, da einfach die gesamte Fläche aufgelegt wird und der Winkel so unkompliziert eingehalten werden kann.
Einseitiger Anschliff
Im europäischen Raum wird der einseitige Anschliff (Beitelschliff) seit jeher für Handwerkszeuge zur Holz- und Lederbearbeitung sowie Gärtnermessern und Schäleisen verwendet. Er kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn dünne Späne vom Schneidgut abgetragen werden müssen oder sehr präzises Arbeiten erforderlich ist. Eine Seite der Klinge ist flach oder minimal hohlgeschliffen, die andere Seite ist mit einem angewinkelten Flachschliff ausgestattet. In Japan ist das so aufgebaute Kiridashi seit Jahrhunderten weit verbreitet und auch im Westen wird das traditionelle Messer aufgrund seiner kompakten Größe als Alltags- und Outdoormesser immer beliebter. Ein Vorteil dieses Anschliffs liegt im einfachen einseitigen Nachschärfen. Weiterhin ermöglicht er präzise abspanende Schnitte in Holz oder rohem Fisch wie etwa beim Zubereiten von Sushi. Für Rechts- und Linkshänder sind jeweils Anschliffe von unterschiedlichen Seiten notwendig.