Trotz des industriellen Fortschritts seit Gründung der Böker Manufaktur im Jahr 1869 werden noch heute bei der Herstellung eines Böker Rasiermessers teilweise historische Fertigungstechniken angewandt. In jedem Fall erhalten bleibt die Leidenschaft, Erfahrung und Perfektion bei der Auswahl der verwendeten Materialien und bei der Durchführung der einzelnen Produktionsschritte, welche wir im Folgenden gerne vorstellen. In der Schmiede ist das Ausgangsmaterial zunächst ein Rundstab, der auf Länge geschnitten wird – es entsteht das sogenannte Spaltstück. Das Spaltstück wir bis zur Rotglut erwärmt und mit einem Fallbär von 690 kg Gewicht im Gesenk geschmiedet. Hiernach müssen die Rohlinge zwei Tage lang im Glühofen bis auf 200°C auskühlen. Auf einer Presse mit 200 Tonnen Druck werden die Rohlinge gerichtet, bevor sie in die Härterei gehen. Hier wird durch die thermische Behandlung die optimale Kombination von Schnitthaltigkeit und Elastizität des Stahles erzeugt. In der Schleiferei werden die Rohlinge von Hand in 18 einzelnen Arbeitsschritten vom Grobschleifen über das Walken bis hin zum Pließten geschliffen. Wir schleifen unsere Rasiermesserklingen ausschließlich extrahohl mit Wall (eine Ausnahme bildet der Wiener Schaber). Der Wall liegt vor der starken Hohlung und kurz hinter der Wate, die selbst wieder einen kleinen Hohlschliff aufweist. Nur durch den Wall lassen sich die Klingen in dieser hauchdünnen Materialstärke ausschleifen und behalten trotz ihrer Elastizität genügend Steifigkeit. Weltweit beherrscht nur eine kleine Handvoll der hochspezialisierten Schleifer diese Königsklasse der Rasiermesserherstellung. Anschließend werden die Klingen von Hand mit Neusilbernieten, Unterlegscheiben, Distanzstück und Schalen vernietet. Hierbei erfordern die Naturmaterialien Holz und Horn Fingerspitzengefühl, da diese bei zu viel Druck reißen können. Zu guter Letzt erfolgt der letzte Abzug von Hand auf mehreren Bankschleifsteinen mit feiner werdenden Körnungen. Nach dem abschließenden Ledern wird die Schärfe des Rasiermessers an einem frei gehaltenen Kopfhaar getestet. Jedes Rasiermesser verlässt so Rasur fertig unsere Manufaktur.
Breiten und Kopfformen
Die Formen von Rasiermessern sind weitgehend durch nationale und lokale Traditionen sowie durch persönliche Vorlieben bestimmt. Dennoch gibt es unterschiedliche Vorzüge der einzelnen Formen. Die Breiten der Klingen werden traditionell in Achtel Zoll angegeben, basierend auf der angelsächsischen Einheit Zoll (entspr. 25,4mm). Eine 8/8“ Klinge ist also ein Zoll breit, eine 4/8“ Klinge einen halben Zoll. Die 5/8“ breite Klinge ist die am häufigsten verwendete Form. Ab 4/8“ und schmaler werden die Messer vor allem von Frisören zum Ausrasieren des Nackens oder zum Effilieren verwendet. Eine breite Klinge gleitet durch ihr Gewicht ruhiger über die Haut und kann mehr Seife und Barthaare aufnehmen, bevor man sie abstreifen muss. Mit schmalen Klingen lassen sich leichter und präziser Innenradien und Konturen bearbeiten. Als Kopfformen gibt es den Rundkopf, den Gradkopf, den Spanischen Kopf und den Französischen Kopf. Mit dem Rundkopf fällt die Handhabung am leichtesten. Er ist daher für Einsteiger sehr geeignet. Die übrigen Köpfe bieten durch ihre definierten Kanten Vorteile beim präzisen Ziehen von Konturen.